Grüne im Rat

Haushaltsrede zum städtischen Haushalt 2016

Haushalt 2016: Die „Sozialromantiker“ melden sich zu Wort!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

Der Haushaltsplan 2016 soll u.a. Dank der hohen Schlüsselzuweisungen des Landes und der Erhöhung der Realsteuerhebesätze mit einem vertretbaren Verlust abschließen.

Gut ist, dass wir von Bund und Land so ausreichend Hilfen erhalten, der Flüchtlingssituation gerecht werden zu können.

Die Stadt konzentriert sich im folgenden Jahr darauf, Wohnraum zu schaffen und es wird fleißig gearbeitet, damit vor allem auch die Flüchtlingskinder eine echte Chance bei uns bekommen.

Wir alle sind dankbar für all die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, fantastisch koordiniert durch die Hilfen des Sozialamtes, die sich aufopferungsvoll um die Flüchtlinge kümmern.

Sicher ist allerdings auch geboten, dass die Stadt in naher Zukunft energisch nachdenkt, wie sie nicht nur in ausreichendem Maße dem Flüchtlingsaufnahmegesetz gerecht wird, was die Forderung nach sozialer Betreuung in prozentualer Kostenberechnung einfordert, sondern, dass uns klar ist, dass gerade bei bestimmten Flüchtlingen professionelle Hilfen erforderlich sind und eingerichtet werden müssen.

Die Pauschalbeträge, die wir im nächsten Jahr erwarten können, lassen sicher zu, hierüber nachzudenken.

Denn egal, wie gut ein vom Bauhof abgeordneter Hausmeister seine Arbeit auch tut, er ist kein Sozialarbeiter und das Sozialamt wird – wie schon jetzt – in Zukunft mehr an Aufgaben zu leisten haben, die der Fachleute bedürfen.

Unser Leben in Hückelhoven wird in Zukunft – ich sage das alle Jahre wieder- immer mehr von sozialen Problemen, von wie auch immer gearteter Armut der Menschen, die hier leben, gefordert sein.

Von uns unterstützte Ideen von anno dazumal bezogen auf Konzeptionen zum Ausbau der professionell begleiteten, ambulanten Hilfen für Senioren und bedürftige Menschen sind leider immer noch nicht thematisiert worden. Und leider scheiterte die SPD mit ihrem Wunsch nach interfraktioneller Zusammenarbeit zum Thema Arbeitsplatzsituation in Hückelhoven. Dabei ist es dringend erforderlich, auch gut bezahlte Arbeitsplätze in unsere Stadt zu bringen, mit denen Eltern gut und auskömmlich für ihre Familien sorgen können.

Es gilt, zunehmend das Augenmerk darauf zu richten, wie kleinere Unternehmen, Handwerker, Einzelhändler, kleinere Gewerbe im Stadtgebiet gehalten werden können. Die Fragen beginnen bei der Akzeptanz der Standorte dieser Gewerbe, der Unterstützung, des Erhaltes und gehen weiter, wenn man sieht, wie der Online-Handel boomt und die Stadt immer noch keinen Weg gefunden hat, hier zusammen mit dem Gewerbe aktiv diese Art der Produkt- und Dienstleistungsbewerbung für sich zu nutzen.

Wir Grünen hatten zu Beginn des Jahres das Konzept der mittlerweile bundesweit viel beachteten Online-City Wuppertal im Amt für Wirtschaftsförderung vorgestellt, leider hat sich kein weiteres Interesse bisher gezeigt, dieses Wuppertaler Konzept einmal für Hückelhoven anzudenken.

Dabei ist die Gefahr gerade hier gegeben, dass die kleinen Gewerbetreibenden und Ausbildungsbetriebe ihrer Existenz beraubt werden, wenn sie keine geeigneten Strategien und Antworten auf die Konkurrenz des Online-Handels finden. Hierbei ist auch die Stadt mit kreativen Maßnahmen und Konzepten gefragt, damit aus dem Online-Handel für Hückelhoven keine noch weitreichendere Bedrohung, sondern eine Chance wird.

Beraubt werden wir momentan in immer größerem Maße unserer Stadtgeschichte und Stadtidentität, die sich auch an Gebäuden und Plätzen in der Stadt festmacht. Häuser und Plätze schreiben und erzählen Geschichte, sie prägen das Bild einer Stadt. Hückelhoven droht aktuell, das Gesicht einer traditionsbewussten, gewachsenen ehemaligen Zechenstadt zu verlieren. Die CDU begleitet die gravierenden Abrisse so ungefähr mit den Worten: Wir reißen doch nur die Häuser ab, die Geschichte bleibt doch. Wir Grünen finden das unerhört. Unerhört war sicher in diesem Zusammenhang der Abriss des historisch wertvollen Siedlungshausensembles an der Brassertstraße, wo man uns glauben machte, der LVR sei mit dem Abriss einverstanden, alles sei in großem Einverständnis miteinander besprochen. Was so nicht stimmte, wie sich im Nachhinein leider zeigte.

Sicher auch, um die kochenden Emotionen von uns „Sozialromantikern“ runter zu kochen, ist nun versprochen, dass im nächsten Jahr zusammen mit dem LVR noch einmal genau geschaut wird, wo man Siedlungsbereiche schützen sollte und wie man das dann stadtplanerisch optimal umsetzen kann.

Wir Grünen werden diesen Prozess sehr wachsam verfolgen, denn wir ahnen schon genau, wo die Abrissbirnen zukünftig ansetzen könnten, um geschichtsträchtige Bauten durch für Investoren lukrative Baugebiete zu ersetzen.

Das wäre schlimm.

Heimat ist nicht nur ein Wort.

Und der Unmut der Bevölkerung bezogen auf die sehr einseitige Entwicklung der Innenstadt und der Stadtteile weg von einer Stadt mit Bergbaukultur, Charme und Gesicht hin zu auswechselbarer grauer Klötzchen-Architektur umgeben von grauen Parkplatzwüsten wird zusehends größer. Hückelhoven kann aber mehr. Das sieht man an dem fantastisch gelungenen Gebäude am Kreisverkehr Parkhofstraße/Martin-Luther-Straße. So bringt Neues sicher auch uns Spaß! Aber es muss endlich ein konsequentes Augenmerk auf den Erhalt gelegt werden.

Es gibt viele unbearbeitete Baustellen, auch die einer Ortsumgehung „Hückelhoven Süd“ – Baal. Da die B57n im Straßenbedarfsplan ganz weit hinten steht, muss die Stadt nunmehr endlich die erforderlichen Maßnahmen ergreifen für den Bau einer kommunalen Umgehungsstraße. Für uns Grüne sollte nur der ökologisch vertretbare Streckenverlauf ins Auge gefasst werden, heißt, man muss sich um den Grundstückserwerb kümmern. Man kann solche Fragestellungen nicht einfach aussitzen.

Die L 117n befindet sich im Bau und es ist unserer Ansicht nach schon jetzt dringend geboten, ein Konzept für die alte L 117 zu erarbeiten, denn Ratheim und Millich haben verdient, dass die bestehende Ortsdurchfahrt mit vorangehender Bürgerbeteiligung sinnvoll und attraktiv überplant wird . Weniger Verkehr bedeutet hier eine größere Lebensqualität. Doch eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens lässt sich hier nur bewirken, indem die Autofahrt über die alte L 117 unattraktiv gestaltet wird. Stadtplanerisch sollte aus der Straße, die heute weitgehend Verkehrswüste ist, wieder mehr ein Lebens- und Aufenthaltsraum werden. Packt man die alte L 117 nicht stadtplanerisch an, werden die Wirkungen der L 117n minimal sein. Zuschussanträge für eine nachhaltige Umgestaltung der L 117 alt nach dem GVFG müssen rechtzeitig gestellt werden, bisher ist hier noch nichts geschehen. Besser heute als Morgen sollte zudem die Gefahrensituation am Ratheimer Schulzentrum entschärft werden.

Das Versprechen des Bürgermeisters klingt noch nach: „Sobald die alte Bahnstrecke entwidmet ist, setzen wir uns für eine sofortige Neuwidmung der neuen Strecke ein!“ Bei dem kürzlich im Kreis vorgestellten Gutachten des Ingenieurbüros BVS Rödel und Pachan wurden potentielle Fahrgastzahlen von über 6000 Fahrgästen ermittelt, die selbst die IG Ratheimer Bahn staunen ließen und die nunmehr wirklich einen konsequenten Einsatz der Stadtverwaltung verlangen, die Streckenaktivierung bis Ratheim auf der Prioritätenliste und in den Planungen des Nahverkehr Rheinland nach ganz oben zu bringen. In dem Zusammenhang ist es für uns ja weiterhin völlig unverständlich, dass die Grünen im Regionalrat mit ihrem Erweiterungsantrag bezogen auf diese zu aktivierende Strecke gescheitert sind. Da sah man auch über das Stadtgebiet hinaus, wie wenig zukunftsorientiert und nachhaltig das Denken ist: grüne Anträge gehen halt nicht durch, egal, wie sinnvoll sie sind.

Zurück zur Stadt sind wir ja auch im letzten Jahr mit unsrem Antrag einer Stadtbuslinie gescheitert, nun wird sie aber doch kommen.

Schau mal an!

Deswegen lassen wir hier in der Stadt unsere Ideen auch meist auf Halde liegen, denn sie haben keine Chance, überhaupt ernsthaft bedacht zu werden.

Deswegen verzichte ich, die immer wieder nicht in politische Diskussion genommenen Umweltschutzthemen hier überhaupt anzusprechen. Die Stadt hat ja immerhin den Biber als Maskottchen. Das ist Umweltschutz genug?

Es geht über all die Jahre immer wieder um Barrierefreiheit.

Barrierefreiheit muss in den Köpfen der CDU beginnen.

Wir sehen, warum die Opposition hier in Hückelhoven über manch wirklich für die Stadt gravierende Fragestellung und über angedachte Projekte gar nicht erst informiert wird oder erst dann, wenn alles längst schon intern entschieden ist. Man erspart sich eine Menge an Diskussion. Ob das aber grundsätzlich immer so zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger hier im Stadtgebiet geschieht, mag ich bezweifeln dürfen. Man erspart sich halt nur die politische Auseinandersetzung.

Vor allem die öffentliche Auseinandersetzung.

Damit werden Rat und Ausschüsse zu reinen „Fankurven“ des 1. FC Bernd Jansen degradiert. Wir von der Opposition dürfen je nach Thema klatschen oder buhen, aber nicht wirklich mitarbeiten.

Wir Grüne haben weiterhin kein Verständnis für die im nächsten Jahr weitergehende Rurauenbebauung, deren Beschluss ja nun schon weit in der Vergangenheit liegt.

Wir haben aber in unserer Fraktion beschlossen, dass wir den Haushalt 2016 dennoch mittragen werden. Die wichtigen freiwilligen Leistungen bleiben trotz erschwerter Bedingungen erhalten, obwohl die IHK ja schon im letzten Jahr anregte, genau hier den Rotstift anzusetzen und sich auch jetzt gegen diese Steuererhöhung ausspricht.

Wir finden diese moderate Steuererhöhung aber zum jetzigen Zeitpunkt richtig.

Und wir finden es gut, dass im Investitionsprogramm Schwerpunkte da gesetzt werden, wo es Not tut, im sozialen Wohnungsbau.

Und wenn Herr Dr. Ortmanns im nächsten Jahr Fördertöpfe für den Erhalt von schützenswerten Gebäuden findet, dann werden wir ihn in unserer nächsten Haushaltsrede auch noch für den Fördertopf loben, den er für den Bau der Arena gefunden hat.

 

Wir Grüne hätten eine schönere Adventszeit, wenn nicht gerade in unserer belgischen Nachbarschaft gefährliche Atomkraftwerke in Betrieb genommen werden würden, Doel1 und 2 sogar mit Laufzeitverlängerung. Wo immer es geht möchten wir uns stark machen, dass Tihange für immer abgeschaltet wird.

Wir wünschen uns allen nichtsdestotrotz eine ruhige, gesegnete Weihnachtszeit.

 

 

Für die Fraktion

 

 

 

Brigitte Brenner