Grüne im Rat

Haushaltsrede zum Haushalt 2014, gehalten am 11.12.2013

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Herren Beigeordnete, sehr geehrte Damen und Herren,

 

„Wir können uns unsere Schulden leisten“ sagte uns Herr Holländer bei den Haushalts-Beratungen,

wir können, aber wollen wir auch?

 

Wir haben einen strukturell ausgeglichenen Haushalt.

Aber auch unser kommunaler Haushalt muss gemessen werden an den Herausforderungen, die es zukünftig gibt.

Kennen wir diese Herausforderungen überhaupt ?

Nein, wie könnten wir.

 

 

Wenn der Ausschuss für Soziales, Senioren und Migration sich nur ein einziges Mal im Jahr zusammenfindet – ein einziges Mal, für wieviele Minuten eigentlich ? – und es keine von uns schon vor 2 Jahren geforderten Arbeitsgruppen gibt, dann kann man sich nicht befasst haben mit den Herausforderungen unserer Stadt.

Demographischer Wandel, Armut, 12 – 14 % der Einwohner hier sind verschuldet, Arbeitslosigkeit, gerade auch die von qualifizierten Frauen, ungewollte und immer größer werdende Teilzeitbeschäftigungen, durch die sich  Bürgerinnen und Bürger kaum das notwendigste noch leisten können.

Wo sind da politische Einflussnahmen möglich, wo sind Entscheidungen gefragt?

Es gibt Befragungsergebnisse und Gutachten, über die sich nachzudenken lohnen täte. Es gibt Förderprogramme für den sozialen Wohnungsbau, Gelder stehen bereit, die einfach nicht abgerufen werden. Wie jedes Jahr bleiben wir Grünen ja dabei, dass die Herausforderungen nicht darin bestehen, wo der nächste Discounter gebaut wird und wo wir trotz sinkender Einwohnerzahlen weitere Baugebiete eröffnen können –

wir Grünen bleiben dabei, dass die sozialen Fragen die entscheidenden Fragen sind, die bearbeitet werden sollten.  Aber es scheint, man will sich der schweren und schwerwiegenden sozialpolitischen Fragen nicht annehmen und die Menschen in Hückelhoven nicht hören.

Von Jahr zu Jahr immer wieder  nicht.

 

Auf Kreisebene finden sich übrigens mittlerweile interfraktionelle Arbeitsgruppen zusammen. Da geht das endlich. Hier nicht? Kaum ein Wort verliert unser Bürgermeister in der Öffentlichkeit über Sozialpolitik, in der Zeitung vom 04.12. lesen wir dann, dass schon im Februar diesen Jahres kreisweit ein Sozialmonitoring vereinbart worden sei. Wir hier sind offiziell nicht informiert worden, wie die Sozialplanung dann aussehen soll und wir vermuten, unser Bürgermeister hat sich da auch noch keine Gedanken dazu gemacht, oder? Es scheint so, dass wir Mandatsträger möglichst wenig Informationen erhalten sollen über das, was getan wird und das, was nicht getan wird, damit wir bloß nicht anfangen, in eine andere Richtung zu denken, als gewünscht.

Man kann auf Dauer sozialpolitische Auseinandersetzung nicht unter den Teppich kehren, die kommt dann – mit Gewalt.

 

Ich verstehe nicht, warum wir zwar – und es war wirklich interessant- stundenlang Besuch in der JVA veranstalten, um zu sehen, wo es mit unseren jungen Leuten auf keinen Fall hingehen soll, uns dann aber aus der Verantwortung schleichen,  wenn wertvolle Präventionsarbeit wie die Schulsozialarbeit vorerst unserer Meinung nach eine kommunale Aufgabe sein muss,  bis die Landespolitiker und Bundespolitiker sich in dieser Sache einig sind. Da es natürlich keine aussagekräftige Statistik im Vorfeld geben kann, wo man durch diese Sozialarbeit später dann in der Jugendhilfe und im Sicherheitsdienst und anderswo Kosten sparen wird, wenn Probleme nämlich erst gar nicht entstehen, stellt sich diese Arbeit der CDU wohl allein nur als Kostenfaktor dar und sie zeigt keinen Einsatz, um diese wertvolle Sozialarbeit an unseren Schulen zu erhalten. Das ist nicht weit gedacht.

Ob da die Tatsache, dass wir keine Steuern erhöhen, – so schön das auch ist – , die einzige Möglichkeit ist, den Menschen hier in ihren oft schweren Lebensumständen zu helfen, mag ich bezweifeln. Durch Bürger-Bespaßung, Biermarktfeste, und karnevalistisch anmutende Weihnachtsparaden wird man auf Dauer nicht ablenken können von den Problemen, die gerade wir wegen unserer Bevölkerungsstruktur haben und haben werden.

Durch unseren Müßiggang in der fehlenden Auseinandersetzung mit ernstzunehmenden sozialpolitischen Fragen spielen wir im gefährlichsten Fall extremen Denkstrukturen zu, die wir alle hier nicht haben wollen.

 

„ Die Stadt setzt einen Schwerpunkt im Jahr 2014 auf die Entwicklung neuer Wohngebiete „ stand vor 2 Wochen in der Zeitung,….und führt so durch Verkauf von erschlossenen Ackerflächen eine Nettoverbesserung in der Ergebnisrechnung von rund 1,9 Millionen Euro herbei. Diese Wohngebiete werden unter anderem am Weidmannsweg und in den Rurauen entstehen.

Wir Grüne haben uns entschieden gegen diese Bebauungen ausgesprochen und bleiben auch dabei. Unser Bürgermeister hatte uns im Jahr 2008 an seiner Zuversicht teilhaben lassen, dass bis 2018 die Bevölkerung in Hückelhoven bis 45 T ansteigt.

Es ist anders gekommen, wir haben abnehmende Einwohnerzahlen und, was viel dramatischer ist, Leerstände von Häusern da, wo keine Kommune sie gerne hat, nämlich in den Ortsmittelpunkten. Durch willkürliche Arrondierungen schafft man im Flächennutzungsplan keine innerstädtischen Bauflächen. Und immer mehr Städte und Gemeinden sind – wie wir sicher auch – bereits in der Lage, ihren gesamten Flächenbedarf auf innerstädtischen Brachflächen und Baulücken zu decken.

Flächen wieder nutzen und innen statt außen entwickeln.

Das Beispiel Rosenstraße in Baal zeigt positiv, wie man Baulücken schließt.  An Attraktivität verlieren die Ortszentren auch,  wenn die Infrastruktur im Mittelpunkt nicht stimmt und wenn, wir sagen das immer wieder, die Parkanlagen und das Grün nicht gepflegt und bereichert wird, so dass die Menschen gerne vor der Tür sind, da wo sie leben. Neu aufzustellende Bebauungspläne, Baulückenschluss, Förderung durch gezielte Grundstücksmarktpolitik, gezielter Kauf von denkmalgeschützten Gebäuden zur Attraktivitätssteigerung einer gesamten Ortschaft, Förderprogramme nutzen,  bezahlbaren Wohnraum für immer ärmer werdende Senioren schaffen, zentral, z.B. in der Schlee, – dies hatten wir vor 2 Jahren ja schon deutlich thematisiert, barrierefreies Wohnen im liebenswerten Herzen unserer Stadt -, Grünflächenkataster als Schwerpunktaufgabe, es passiert hier zu wenig zu langsam.

Grüne Mittelpunkte, lachen Sie mich nicht aus, aber auch Blumen, gehören zur Lebensqualität. Da fühlen sich Menschen wohl, da wollen sie sein. Das sind nicht, ich sage es wieder einmal, das sind nicht die Kreisverkehre, wo die Blumen stehen müssen. Da wohnen die Menschen nicht. Das ist keine Romantik, sondern Tatsache.

Und haben wir uns mal befasst damit, dass es Frauen sind, wir Frauen, die meist die Entscheidungen treffen, wo wollen wir leben, wo kaufen wir ein, wo gehen wir ein Eis essen, wo fühlen wir uns wohl? Das sind nicht die Männer. Gender-Mainstreaming, wie werden wir den daraus resultierenden Fragestellungen gerecht? Ich sehe den Bürgermeister, die Beigeordneten, den für die Politik hier prominenten Fraktionsvorsitzenden der CDU. Alles Männer. Dann die das Stadtbild prägenden Architekten. Männer. Und dann wundern wir uns irgendwann, dass die Menschen sich hier irgendwie nicht wohlfühlen. Wobei ja diese Männer zurzeit noch kommunizieren, dass hier alles brummt und blüht. Und viele Frauen wundern sich heimlich, was die Herren da reden, und amüsieren sich kopfschüttelnd. Ehemalige Einwohner aber, die nach Jahren oder Jahrzehnten mal wieder in die Stadt kommen, – richtig rein, nicht nur zum Einkauf an den Landabsatz -, die schreien nicht begeistert: „Mensch, klasse, in Hilfarth gibt es jetzt endlich einen Discounter!“, nein, die sehen, dass alles hier irgendwie grauer geworden ist und kälter und ungepflegter und verkehrsaggressiver und weniger attraktiv. Und es gibt auch Menschen, die sagen: „ Wir ziehen hier wieder weg aus dieser Discounter – Stadt, der ländliche Charme geht immer mehr verloren!“ Hören Sie solche Meinungen nicht? Die Stadt erfindet sich nicht neu, nein, sie baut sich mittlerweile selbst kaputt, denken wir an den unserer Meinung nach auf Fehlentscheidungen basierenden Abriss der Bergberufschule, zerstört sie ihr eigenes Erscheinungsbild. Danke, Herr Bürgermeister, für die immerhin 50 T Euro, die für die Ratheimer Parkanlage nun endlich wenigstens bereit gestellt werden in 2014, um sie barierrefrei und freundlicher zu gestalten. Das finden wir in dem Zusammenhang einen richtigen Ansatz, wir hatten jahrelang deswegen vorgesprochen.

Wir sind gegen die Vermarktung von Grundstücken in den Rurauen, die Menschen wollen dort Natur finden und nicht in Gärten prädestinierter Bürger schauen, die das Geld haben, dort zu bauen. Grünmetropole heißt mehr, als dass die Stadt sich Sorgen macht, dass der Landschaftsschutz die Stadtentwicklung hemmen könnte. Wo wollen wir denn hin mit unserer Stadtentwicklung ? Wir kennen das Ziel nicht. Auch unser Leitbild, vor vielen Jahren einmal – ich glaube 2008- erstellt, liegt vielen Stadtverordneten immer noch nicht vor, obwohl wir das mal angeregt hatten, und wird auch nicht gepflegt und erneuert.

Straßen sind wichtig hier in der Stadt. Hückelhoven ist die mit Abstand autofreundlichste Stadt im Kreis. Eine Auszeichnung, auf die man nicht stolz sein darf. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Straßenbau. Über die L 117n brauchen wir nicht zu reden. Da haben die GRÜNEN den Apell B221/L117n mit unterschrieben. Die Ortsumgehung Baal ist auch notwendig, wenn nicht sogar überfällig. Aber auf die L364n können wir sehr gut verzichten.

Wie ist es mit dem Fahrradverkehr und dem öffentlichen Nahverkehr ? Warum haben wir, wenn man ehrlich ist, immer noch nicht die Arbeit von Professor Hebel von der RWTH Aachen zur Fortschreibung des Radwegenetzes vorliegen? 200 T € für die Beseitigung von Straßenschäden. Will die CDU. Dringlichkeit : Fahrradwegenetz ? Will sie nicht. Während in der gesamten Bezirksregierung die Kommunen die Landesfördermittel zum Radwegeausbau schon längst beantragt haben, hat Hückelhoven mal wieder „verpennt“.

Was man vom öffentlichen Nahverkehr hält, hat sich bei unserem Antrag gezeigt, die Ratheimer Bevölkerung näher an die Wurmtalbahn, sprich an die Schiene zu bringen, um schneller nach Aachen zu kommen. Abgelehnt. Das mussten dann der AVV und die West in unserem Sinne richten. Wie peinlich. Warum ist das Hückelhoven-Center bis heute nicht direkt an den Nahverkehr angeschlossen? Mit einer Stadtbuslinie, einem sogenannten „Hückelhoven-Hüpfer“, den wir im April 2012 im Rahmen einer verkehrspolitischen Initiative gefordert hatten, würden wir eine leistungsfähige Buslinie für alle relevanten Stadtteile bekommen. Wie auch mit der Herstellung der Sicherheit von Wegen der Schülerinnen und Schüler auf ihren Wegen zur Schule- wir erinnern an unsere Anfrage zur Beleuchtungssituation von dunklen Gassen.

Wie auch, was die Reaktivierung der Bahn anbelangt. Da sind wir Grünen ein wenig sprachlos. Da redet die CDU, sie würde die Bürgerbeteiligung so wert schätzen, hat aber die IG Bahn  mit ihren Fachleuten immer noch nicht in die Fraktion eingeladen, um sich einmal die Möglichkeiten einer zeitnahen Verwirklichung von Bahn und Umgehungsstraße aus deren Sicht anzuhören. Und hätte man sich VORHER  mal mit dem EBA auseinandergesetzt, müssten wir vielleicht jetzt nicht klagen. Die CDU als die hier allein bestimmende Fraktion  hätte hier das, was sie behauptet, nämlich Bürgernähe, zeigen können. Zumal Fachleute in der IG tätig sind, denen man zumindest einmal zuhören sollte. Richtig ist das unserer Meinung nach nicht.

Hückelhoven geht es scheinbar gut, es scheint, wir brauchen das Gespräch mit kritischen Bürgerinnen und Bürgern nicht.

Wir bauen nun auch noch eine Arena auf. Und anderswo dann irgendwann in nicht ferner Zukunft hoffentlich nicht ein Stadion dafür ab? Gut und schön. Im Sommer kann eine Arena eine feine Sache sein. Wir erinnern aber daran, dass der nördliche Teil von Schacht 3 eine Brückenfunktion im Rahmen der Grünmetropole werden soll. Also bitte kein Alibi-Grün, sondern eine naturnahe Grünzone.

Aber für uns stimmt die Reihenfolge der Bearbeitung von Zielen nicht.

Geld für eine auf Dauer sinnvolle Betreibung des Hallenbades ist nicht da. Verstehen wir Grünen nicht.  Da wird ein Blockheizkraftwerk gebaut werden, das auch das Hallenbad versorgt. Das Blockheizkraftwerk ist wie das Klimaschutzkonzept eine durchdachte Sache.  Aber warum wird nicht geprüft, ob die Betreibung einer Sauna und eines Wellness-Bereiches sich nunmehr rechnen wird? Zumal die Zukunft der Kosmas-Sauna ungewiss ist und viele Bürgerinnen und Bürger nunmehr schon Ausschau halten nach Alternativen in Erkelenz oder Wassenberg. Stand vor wenigen Jahren noch in einem Bad der Badespaß im Vordergrund, genießt eine Sauna heute einen nicht mehr wegzudenkenden Stellenwert im Freizeitbereich durch das neue Gesundheitsbewusstsein, das quer durch alle gesellschaftlichen Schichten Einzug hält. Warum wird nicht mal konkret kalkuliert ? Wäre ich frech, würde ich sagen, Herr Kreutzer fährt zum einen nicht gerne Fahrrad und geht zum anderen nicht gerne in die Sauna, sonst hätte man sich da schon weitergehende Gedanken gemacht. Es gibt andernorts Genossenschaftsmodelle nach dem Motto „Vielleicht schaffen viele Menschen, Unternehmen, Vereine und Verbände, was einer alleine nicht kann“, für die Hückelhoven sich auch interessieren sollte. Das Minus, dass unsere städtischen Betriebe Jahr für Jahr hier schreiben, schreit – gerade vor dem Hintergrund des nunmehr gebaut werdenden Heizkraftwerks – nach neuen Lösungsansätzen. Und dass die CDU da nicht nach Lösungen sucht, verstehen wir nicht.

Dank der rot-grünen Landespolitik erhalten wir den höchsten Betrag an Schlüsselzuweisungen, die die Stadt jemals erhalten hat.

Wir haben seit 2010  15 Mio an Eigenkapital verloren, wir können die Schlüsselzuweisungen gut brauchen.

Deswegen unter anderem können wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt ausweisen.

Gut, dass wir Teile der Kassenkredite zurück zahlen können.

Wegen der fehlenden Auseinandersetzung mit sozialpolitischen Herausforderungen der Stadt und wegen der Stadtentwicklungspolitik, die in unseren Augen nur dazu dient, die Stadtkasse zu füllen, die aber einer weiteren Zersiedelung zuarbeitet, werden wir dem Haushalt nicht zustimmen können.

 

Für die Fraktion

Bündnis 90 Die Grünen

 Brigitte Brenner